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Anleitung für den Qualitätsrahmen 2.0

Wie kann eine systematische Qualitätsentwicklung begonnen werden? Wie können Entwicklungsbedarfe bestimmt und priorisiert werden? Wie können Themen mit dem Praxismaterial dialogorientiert bearbeitet werden?

Informationen, Tipps und Beispiele zur Arbeit mit dem Qualitätsrahmen 2.0 und dem Praxismaterial

Mit Blick auf die Heterogenität der Frühen Hilfen in den einzelnen Kommunen gibt es keinen fixen Plan für ein einheitliches Vorgehen zur Qualitätsentwicklung. Wichtig ist, dass die Inhalte jeweils vor dem Hintergrund der spezifischen Situation vor Ort interpretiert und gegebenenfalls angepasst werden. Mögliche Vorgehensweisen können nur in Abhängigkeit von den lokal beteiligten Personen, Strukturen und Rahmenbedingungen entwickelt werden. Zudem sollte Flexibilität bewahrt werden, um der Dynamik in partizipativen, dialogorientierten Prozessen Rechnung zu tragen.

Erfahrungen zeigen jedoch, dass es hilfreich ist, zunächst Verantwortung, Beteiligung und Themenschwerpunkt(e) zu vereinbaren.

Die folgende Grafik und anschließenden Erläuterungen skizzieren eine idealtypische Vorgehensweise, wie mit dem Qualitätsrahmen 2.0 gearbeitet werden kann:

Ziel: Qualität der Frühen Hilfen vor Ort (weiter-)entwickeln

Zu Beginn eines jeden Qualitätsentwicklungsprozesses stehen das Ziel und die Bereitschaft, die Frühen Hilfen weiterzuentwickeln. Damit verknüpft ist auch die Verständigung der Akteure im Netzwerk über die Entwicklungsbedarfe Früher Hilfen vor Ort. Im Mittelpunkt steht somit, lokale und regionale Unterstützungssysteme mit koordinierten Hilfsangeboten für schwangere Frauen, werdende Eltern und Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren zu bilden, weiterzuentwickeln und zu sichern.

Klärung von Rahmenbedingungen

Zu Beginn müssen Rahmenbedingungen geklärt werden, zum Beispiel Schlüsselakteure identifiziert, Beteiligungsstrukturen etabliert und Ressourcen analysiert werden. Folgende Fragen können helfen:

Gelingende dialogorientierte Qualitätsentwicklungsprozesse in den Frühen Hilfen leben von engagierter Beteiligung möglichst aller Interessengruppen im Rahmen eines stimmigen Beteiligungskonzepts – Koordinierende, Leitende, Fachkräfte und insbesondere Eltern. Es gilt, gemeinsam zu überlegen, wer wann zu welchem Thema kontinuierlich oder punktuell einbezogen und zusammenarbeiten sollte. Auch eine gute Vorbereitung im kleineren Kreis – beispielsweise der Steuerungsgruppe – kann eine geeignete Grundlage für einen nachfolgenden umfangreichen Beteiligungsprozess sein.

Für die Weiterentwicklung der Frühen Hilfen ist der politische Wille und eine angemessene Partizipation der Leitungsebene in der Verwaltung ein wichtiges Fundament. Dafür braucht es das Engagement der Entscheidungstragenden ebenso wie das Engagement der operativ Tätigen, um gemeinsame Ideen und Maßnahmen umsetzen und das volle Potenzial im Sinne der Familien entfalten zu können. Beschränkt sich das Engagement auf die operative und/oder koordinierende Ebene, besteht die Gefahr, dass Veränderungen nur unzureichend in der Praxis ankommen. Qualität entfaltet sich in gemeinsamen Tätigkeitsfeldern, wenn sie von allen getragen wird.

Qualitätsentwicklung wird bereits in der Praxis auf verschiedene Weise und Arten vollzogen. Oftmals werden jedoch die damit verbundenen Aktivitäten und Prozesse als solche nicht erkannt und gekennzeichnet. Aus diesem Grund kann eine Bündelung dieser (Einzel-)Aktivitäten und ein einheitliches, systematisches Vorgehen die gesetzten Qualitätsentwicklungsziele besser erreichen lassen. Darüber hinaus kann zudem der Stellenwert und die Dynamik der Qualitätsentwicklung in den Frühen Hilfen und damit vor allem die Situation von Familien positiv beeinflusst werden. Um Parallelstrukturen zu vermeiden, sollten Akteure im ersten Schritt überlegen, welche Gremien, Arbeitsgruppen oder Netzwerke es schon gibt, die diese Aufgabe(n) tragen (können). Prozesse zur Qualitätsentwicklung knüpfen so an vorhandene Strukturen und ggf. Abläufe an, sodass bewährte Vorgehensweisen beibehalten und gestärkt werden können. Im zweiten Schritt kann nachfolgend entschieden werden, ob dann die Einrichtung einer spezifischen Steuerungsgruppe zusätzlich sinnvoll ist.

Neben dem Engagement beteiligter Akteure brauchen die kontinuierlichen Verständigungs- und Aushandlungsprozesse um Qualität ausreichend Raum und Zeit. Eine Bearbeitung in kleinen Schritten ermöglicht einen permanenten Abgleich darüber, was in der zur Verfügung stehenden Zeit geleistet werden kann.

Die Qualität des Miteinanders entsteht, indem von Beginn an Wert auf die Verbindungen und Kommunikation untereinander, das gemeinsame Erleben und die Dialogfähigkeit aller Beteiligten gelegt wird. Ein angemessener und wertschätzender Rahmen kann die Qualität der gemeinsamen Arbeit ebenso fördern, zum Beispiel informelle Begegnungsmöglichkeiten, ein angenehmes räumliches Setting, Catering, Pausengestaltung oder eine motivierende Moderation.

Vorgehensweise

Der Qualitätsrahmen Frühe Hilfen bietet eine breite Facette an Aspekten, die für die Qualitätsentwicklung relevant sein können. Die Schlüsselakteure sollten frühzeitig mit eingebunden werden. Folgendes Vorgehen ist sinnvoll:

Entwicklungsbedarfe bestimmen

Die Auswahl der Entwicklungsbedarfe kann zum einen anhand der Einteilung in die verschiedenen Qualitätsdimensionen oder über Themen getroffen werden.
(Per "mouse-over" erscheinen die Themen im Innenkreis. Per Anklicken der Themen ist dann die Auswahl der Dimension möglich).

GrundideeProfil, Vernetzung, Unterstützungsnetz, Bedarfsorientierung, KooperationZielbestimmungZugänge, Handlungsleitlinien, Kooperationsbedingungen, Interprofessionalität, ÜbergängeNetzwerkZiele, Akteure, Zusammenarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, VerständnisPlanungDatengrundlage, Bedarfsermittlung, Infrastrukturentwicklung, Qualitätsverständnis, Integrierte PlanungPolitisch-strukturelle Verankerung vor OrtGesamtkonzept, Ressourcenplanung, Rahmenbedingungen, Informationsfluss, SichtbarkeitQualifizierung & interprofessionelles LernenBildung, Weiterentwicklung, Fachverständnis, KompetenzenZusammenarbeit mit der FamilieBeziehungen, Grundprinzipien, Kommunikation, DatenschutzQualität von AngebotenLernfeld, Qualitätsdiskurs, Entwicklungskonzept, Transparenz, KontinuitätDokumentation & EvaluationKonzept, Daten, Verantwortlichkeiten, Weiterentwicklung, ReflexionWirkungsorientierungZiele, Haltung, Bedarfsorientierung, Datengrundlage, SteuerungBeteiligung & PartizipationHaltung, Mitgestaltung, Rahmenbedingungen, Partizipationskultur, Handlungsgrundlage, Verständnis

ProfilVernetzungUnterstützungsnetzBedarfsorientierungKooperation

ZugängeHandlungsleitlinienKooperationsbedingungenInterprofessionalitätÜbergänge

ZieleAkteureZusammenarbeitÖffentlichkeitsarbeitVerständnis

DatengrundlageBedarfsermittlungInfrastrukturentwicklungQualitätsverständnisIntegrierte Planung

GesamtkonzeptRessourcenplanungRahmenbedingungenInformationsflussSichtbarkeit

BildungWeiterentwicklungFachverständnisKompetenzen

BeziehungenGrundprinzipienKommunikationDatenschutz

LernfeldQualitätsdiskursEntwicklungskonzeptTransparenzKontinuität

KonzeptDatenVerantwortlichkeitenWeiterentwicklungReflexion

ZieleHaltungBedarfsorientierungDatengrundlageSteuerung

HaltungMitgestaltungRahmenbedingungenPartizipationskulturHandlungsgrundlageVerständnis

Tipp: Die Qualitätsdimension Netzwerk als Einstieg

Aus den Erfahrungen des NZFH-Projekts Qualitätsdialoge Frühe Hilfen empfiehlt es sich, mit der Qualitätsdimension Netzwerk des Qualitätsrahmens zu beginnen. Da in Deutschland flächendeckend Netzwerke Frühe Hilfen existieren, kann durch die Bearbeitung dieser Dimension ein guter Zugang und ein vielschichtiger Einstieg in die Qualitätsentwicklung der Frühen Hilfen gelingen. Inhaltlich geht es dabei um grundlegende Themen, zum Beispiel Akteure, Öffentlichkeitsarbeit, Verständnis, Ziele und Zusammenarbeit.

Entwicklungsbedarfe priorisieren

Ist die Verständigung über grundsätzliche Entwicklungsbedarfe der Frühen Hilfen erfolgt, können Akteure die Themen gemeinsam im Dialog priorisieren: Welche konkreten Themen sind besonders relevant? Welche sollten bevorzugt bearbeitet werden?

Es empfiehlt sich auch, zunächst in der Steuerungsgruppe oder einem ähnlichen Gremium eine Vorauswahl zu treffen und diese in einem breiteren Beteiligtenkreis im Anschluss zu diskutieren.

Tipp: Das Eingangsmaterial zur Priorisierung von Entwicklungsbedarfen

Das Eingangsmaterial des Praxismaterials zum Qualitätsrahmen Frühe Hilfen dient dazu, die Ist-Situation der jeweiligen Qualitätsdimension systematisch und umfassend zu analysieren.

Zu jeder Qualitätsdimension kann damit eine allgemeine Ist-Stand-Einschätzung der jeweiligen Dimension sowie der einzelnen Qualitätsaspekte durch die beteiligten Akteure erfolgen. Für die Dimension Netzwerk steht dazu das Eingangsmaterial zur Verfügung, das aus den methodisch-didaktischen Hinweisen Gesamteinschätzung der Netzwerkqualität und dem passenden Arbeitsblatt zur Gesamteinschätzung besteht.

Qualitätsentwicklungsthemen bearbeiten

Für die konkrete Bearbeitung der Themen eignen sich dialogorientierte Formate und Methoden. Sie dienen zur Verständigung über die Qualität im Netzwerk und der Weiterentwicklung. In den Praxismaterialien des NZFH zur Qualitätsentwicklung befinden sich zahlreiche Anregungen und Methoden, wie die einzelnen Themen vor Ort im Netzwerk konkret bearbeitet werden können.

Beispiel: Die Arbeit mit dem Praxismaterial zur Qualitätsdimension Netzwerk

Entwicklungsziel: Akteure möchten ihr gemeinsames Verständnis der Frühen Hilfen und der Netzwerkarbeit erarbeiten und schärfen.

1. Schritt: Wählen Sie zunächst den Bereich Gemeinsames Verständnis und Zusammenarbeit aus. Dort zu finden ist die gleichnamige ausführliche Praxisanleitung, die alle Schritte und Methoden erklärt. Mithilfe der Praxisanleitung werden die für das Netzwerk passenden Arbeitsblätter zu den relevanten Themen bestimmt.

2. Schritt: Für das Beispiel - Akteure möchten ihr gemeinsames Verständnis der Frühen Hilfen und der Netzwerkarbeit erarbeiten und schärfen - ist das Arbeitsblatt 3 des Entwicklungsziels 3.2 zum Selbstverständnis Früher Hilfen relevant. Es zeigt ein Polaritätsprofil, das verschiedene Aussagen zu den Frühen Hilfen gegenüberstellt. In der Diskussion der einzelnen Aspekte mit allen Akteuren können Sie das gemeinsame Verständnis der Frühen Hilfen im Netzwerk schärfen. Dabei werden unterschiedliche Einschätzungen, gute Praxisbeispiele, aber auch Informationslücken sichtbar. Alle Aspekte sind geeignete Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung. Sammeln Sie zu identifizierten Entwicklungsbedarfen gemeinsam Ideen und nehmen Sie Priorisierungen vor.

3. Schritt: Im Anschluss erfolgt die konkrete Maßnahmenplanung: Sie benennen die Aufgaben und Zeiträume klar und beschreiben Verantwortlichkeiten. Es geht um gemeinsam getragene Planungen, die auch einem Realitätscheck angesichts der aktuellen Arbeitsbelastung und zur Verfügung stehenden Zeit- und Finanzressourcen standhält. Die Planungen enthalten im Sinne der Wirkungsorientierung Überlegungen wie: Woran erkennen wir, dass wir Ziele erreicht haben bzw. auf dem richtigen Weg sind?

4. Schritt: Im vereinbarten Zeitraum arbeiten Sie an der Umsetzung und überprüfen die Zielerreichung.

Grundlegende Informationen und Hinweise zur Qualitätsentwicklung in den Frühen Hilfen und zu dialogorientierten und kontinuierlichen Entwicklungsprozessen:

Qualität und Qualitätsentwicklung: Grundlagen