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Frühe Hilfen – Hintergrund und Entwicklung

Frühe Hilfen haben sich zu einem eigenständigen Versorgungselement entwickelt, das bereits bestehende Leistungen für Familien ressourcenschonend bündelt und innovative Unterstützungsformen für Familien in belastenden Lebenslagen anbietet.

Entstehung der Frühen Hilfen 

Gravierende Fälle von Kindesmisshandlung und Vernachlässigung gaben 2006 Anlass zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte zum Kinderschutz in Deutschland. Auch steigende Kosten in der Kinder- und Jugendhilfe sowie veränderte Krankheitsbilder bei Kindern und Jugendlichen – von akuten zu chronischen Erkrankungen und von somatischen zu psychischen Störungen – machten ein Umdenken notwendig mit dem erklärten Ziel, das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Verantwortung zu rücken.

Auf allen politischen Ebenen und in Wissenschaft und Praxis bestand schnell Einigkeit darüber, dass zur Bewältigung dieser Herausforderungen der Ausbau eines früh einsetzenden umfassenden Unterstützungsangebots für Familien insbesondere in belastenden Lebenslagen erforderlich war. Daher wurden auf allen föderalen Ebenen Maßnahmen ergriffen, um mit dem Aufbau präventiver Hilfen sowie einer stärkeren systematischen Vernetzung und Zusammenarbeit verschiedener Akteure, den präventiven Kinderschutz zu verstärken und die Entwicklungsbedingungen von Kindern zu verbessern.

  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) brachte 2006 das Aktionsprogramm "Frühe Hilfen und soziale Frühwarnsysteme" auf den Weg. Darin wurden 10 Modellprojekte übergreifend in allen Bundesländern aufgesetzt und wissenschaftlich begleitet. Auch Länder und Kommunen initiierten Projekte und Maßnahmen und setzten diese vor Ort um. Die wissenschaftliche Begleitung der Modellprojekte koordinierte das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), das ebenfalls im Rahmen des Aktionsprogramms vom BMFSFJ 2007 gegründet wurde.
     
  • Das NZFH erhielt als Kompetenzzentrum verschiedene Aufgaben mit dem Ziel, den präventiven Kinderschutz und die Fachpraxis beim Auf- und Ausbau der Frühen Hilfen zu stärken.
     
  • In dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetz wurden die Frühen Hilfen erstmals gesetzlich verankert. Mit der darin zunächst von 2012 bis 2015 befristeten "Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen" – kurz: Bundesinitiative Frühe Hilfen – wurde ein Qualitätsentwicklungsprozess zum Aus- und Aufbau der Frühen Hilfen angestoßen. Seit Auslaufen der Bundesinitiative Frühe Hilfen setzt die Bundesstiftung Frühe Hilfen die erfolgreiche Arbeit fort und stellt sicher, dass aufgebaute Strukturen und bewährte Angebote der Frühen Hilfen dauerhaft gefördert werden. 
     
  • In den Ländern übernehmen Koordinierungsstellen die Begleitung der Maßnahmen zur Umsetzung der Frühen Hilfen vor Ort und tragen damit zur Sicherung und Entwicklung der Qualität bei. Sie sind auch Ansprechpartner für die Qualifizierung von Gesundheitsfachkräften.
     
  • Die Basis für eine stete Verbesserung sowie Planung und Koordination einer bedarfsgerechten Angebotsstruktur vor Ort stellen die Netzwerke Frühe Hilfen auf kommunaler Ebene dar. Sie koordinieren die unterschiedlichen Angebote der Akteure, Einrichtungen und Institutionen aus unterschiedlichen Sozialsystemen und stellen sie den Familien niedrigschwellig und möglichst passgenau zur Verfügung. Insbesondere die Vernetzung der Angebote aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen, aber auch der Schwangerschaftsberatung, der Frühförderung sowie mit Angeboten zur materiellen Grundsicherung sind dabei von zentraler Bedeutung. Inzwischen sind flächendeckend Netzwerke Frühe Hilfen aufgebaut.
     
  • Um Familien vor allem in belastenden Lebenslagen niedrigschwellig zu beraten und zu begleiten und ihnen Zugang zu den verschiedenen Unterstützungsangeboten zu erleichtern, sind Fachkräfte und Akteure vor Ort gefragt. Neben Gesundheitsfachkräften, wie Familienhebammen und Familien-Gesundheits-Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern und vergleichbaren Berufsgruppen, können auch ehrenamtlich Engagierte in den Frühen Hilfen tätig sein und die Arbeit der professionellen Fachkräfte in den Familien unterstützen. 

Zusammenwachsen verschiedener Leistungssysteme 

Die Anfangszeit der Frühen Hilfen war vor allem von Diskussionen um das Ausmaß von Förderung und Kontrolle in den Frühen Hilfen geprägt. Gerade Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitswesen taten sich anfangs sehr schwer, Kooperationen mit der Kinder- und Jugendhilfe einzugehen. Da sie über die notwendigen, nicht-stigmatisierenden Zugänge zu allen Familien – und somit auch zu Familien in belastenden Lebenslagen – verfügen, hatten sie Sorge, der "verlängerte Arm" des Jugendamtes zu werden und damit das Vertrauen der Familien zu verlieren. Die Kinder- und Jugendhilfe konnte hingegen auf eine breite Palette an psychosozialen Hilfen zurückgreifen. 

Das NZFH konnte im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung der Bundesinitiative Frühe Hilfen die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Netzwerken Frühe Hilfen und Einrichtungen anderer Leistungssysteme aufzeigen, z.B. der Vernetzung der Frühen Hilfen mit der ambulanten oder stationären Versorgung, der Kooperation mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst, aber auch der Einbindung von Gesundheitsfachkräften und Freiwilligen als Netzwerkpartner.

Die Begriffsbestimmung Frühe Hilfen beschrieb 2009 erstmals das neue Handlungsfeld und bot der Fachpraxis eine Basis für die Konzeptentwicklung. Das Leitbild Frühe Hilfen erläutert und präzisiert seit 2014 auf der Grundlage von Leitsätzen Begriffe und Bedeutung der Frühen Hilfen.

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Frühe Hilfen haben zum Ziel, die Entwicklungsbedingungen von Kindern möglichst frühzeitig und nachhaltig zu verbessern und allen Kindern ein gewaltfreies und gesundes Aufwachsen zu ermöglichen.

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