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Qualitätsdimension 6: Qualifizierung und interprofessionelles Lernen

Um Frühe Hilfen sektorenübergreifend wirksam umzusetzen, müssen alle beteiligten Akteure im Netzwerk fachlich qualifiziert sein.

Frühe Hilfen sind ein sektorenübergreifendes und interprofessionell angelegtes Handlungsfeld zur präventiven Unterstützung von Familien. Dazu zählt die Entwicklung einer allgemeinen und spezifischen Fachlichkeit der verschiedenen Akteure in ihren jeweiligen Systemen und Verantwortungsbereichen, zum Beispiel Fachkräfte, freiwillig Engagierte und Personen mit Steuerungsfunktion.

Aufgrund der partizipativen Ausrichtung der Frühen Hilfen steht interprofessionelles, kooperatives sowie vernetztes Lernen in der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung im Vordergrund. Dies kann über verschiedene Formate erfolgen, zum Beispiel Weiterbildungen, Fallreflexionen, Supervisionen, Intervisionen, (interprofessionelle) Qualitätszirkel, kollegiale Beratungen oder Hospitationen.

Zentrale Fragen im Überblick

  • Welche Kompetenzen benötigen Akteure für eine passgenaue Unterstützung von Familien? 
  • Wie kann die fachliche Weiterentwicklung aller Akteure der Frühen Hilfen gesichert und gewährleistet werden? 
  • Wie kann ein interprofessionelles Fach- und Aufgabenverständnis entwickelt werden?

Themen und Ziele der Qualitätsdimension Qualifizierung und interprofessionelles Lernen

Kompetenzen für eine passgenaue Unterstützung von Familien

  • Es wird sichergestellt, dass die Akteure über Grundwissen und Basiskompetenzen insbesondere in den Bereichen Prävention und Empowerment, frühkindliche Entwicklung und Eltern-Kind-Interaktion sowie Datenschutz und kultursensible Kommunikation verfügen. 
  • Akteure werden dabei unterstützt, eine ressourcenorientierte Haltung gegenüber Familien zu entwickeln, die auf der Förderung von Eigenaktivität und Eigenverantwortung beruht, und Eltern an der Ausgestaltung von Hilfen aktiv beteiligt. 
  • Akteure werden sensibilisiert und trainiert, Unterstützungsbedarfe und Belastungen in Familien frühzeitig wahrzunehmen, konstruktiv anzusprechen und auf ermutigende Weise passende Angebote zu vermitteln. 
  • Die mit der Umsetzung der Frühen Hilfen befassten Akteure sind in der Lage, Grenzen des eigenen Auftrages bzw. eigener Fähigkeiten zu erkennen. 
  • Es wird sichergestellt, dass bei erhöhtem Unterstützungsbedarf in Absprache mit den Familien weitere Angebote hinzugezogen werden. 
  • Es ist gewährleistet, dass Akteure die vereinbarten Verfahren im Übergang zum Handeln bei Kindeswohlgefährdung anwenden können und sich ggf. fachliche Unterstützung sichern. 
  • Alle Akteure Früher Hilfen verfügen über ein ausreichendes Maß an Kompetenzen zur interprofessionellen Kooperation und Vernetzung.

Interprofessionelles Fach- und Aufgabenverständnis

  • Akteure der Frühen Hilfen werden gefördert, sich mit anderen zu vernetzen, zu kooperieren und diese Zusammenarbeit zu reflektieren. 
  • Durch etablierte Verfahren stellen sich Akteure gegenseitig ihre Aufträge, Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse vor. 
  • Die Akteure beteiligen sich regelmäßig an interprofessionellen Fortbildungsveranstaltungen und Lernformaten. 
  • Die Akteure beteiligen sich bedarfsorientiert an gemeinsamen Fallreflexionen, um Probleme und Bedarfe aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, abgestimmte Lösungsstrategien und Verfahren zu erarbeiten und Prozesse zu optimieren. 
  • Gemeinsame Entwicklungsschritte und Erfolge der interprofessionellen Zusammenarbeit in den Frühen Hilfen werden sichtbar gemacht (siehe dazu auch Qualitätsdimension 9: Dokumentation und Evaluation).

Sicherung und Gewährleistung der fachlichen Weiterentwicklung der Akteure

  • Fachlich-personelle Ressourcen zur Entwicklung und Umsetzung der Frühen Hilfen sind ausreichend, um den Bedarf der Familien an Unterstützung zu decken. Dabei werden Professionen aus dem Gesundheits-, aus dem Sozialwesen sowie andere relevante Akteursgruppen einbezogen. 
  • Die Ressourcen werden durch Leitungskräfte gewährleistet. Sie sind auf Kontinuität und ausreichend Planungssicherheit für Anstellungstragende sowie freiberuflich Tätige ausgerichtet.
  • Es finden regelmäßige und systematische Erhebungen von Qualifizierungsbedarfen aller Akteure statt. 
  • Die Bedarfe zum Kompetenzerwerb werden in Abstimmung mit den Akteuren in angemessenen und zeitnahen Qualifizierungsangeboten umgesetzt. 
  • Dem Netzwerk stehen ausreichende und regelmäßig Ressourcen für die Durchführung von interprofessionellen Fort- und Weiterbildungen zur Verfügung. 
  • Alle Akteure der Frühen Hilfen – Angestellte, Freiberufliche, Ehrenamtliche sowie Fach- und Leitungskräfte – haben verlässlich geregelte Möglichkeiten, regelmäßig an fachlicher Reflexion und Weiterbildung teilzunehmen. 
  • Angebote mit ehrenamtlicher Unterstützung werden durch eine fachlich qualifizierte hauptamtliche Koordinierung organisiert. Die freiwillig Engagierten werden durch diese zentrale Stelle angemessen vorbereitet und begleitet. 
  • Es wird sichergestellt, dass die Fort- und Weiterbildungen sich an den üblichen Weiterbildungsstrategien und Qualifizierungsmerkmalen der beteiligten Akteure orientieren und damit möglichst kompatibel hinsichtlich Akkreditierung und Zertifizierung sind.

Dialog mit Akteuren der strategisch-politischen Ebene

Die folgenden Fragen geben Anregungen zur gezielten Diskussion der Inhalte der Qualitätsdimension Qualifizierung und interprofessionelles Lernen mit Entscheidungstragenden der strategisch-politischen Ebene.

  • Wie wird gewährleistet, dass Fachkräfte der Frühen Hilfen über ausreichend Grundwissen und Basiskompetenzen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Familien erhalten? 
  • Wie werden die in den Frühen Hilfen tätigen Akteure qualifiziert, um ein einheitliches Verfahren im Übergang zum Handeln bei Kindeswohlgefährdung anwenden zu können? 
  • Wie wird sichergestellt, dass Leitungskräfte über ausreichend Kompetenzen zur fachlichen Begleitung ihrer Mitarbeitenden verfügen?
  • In welcher Weise werden ausreichende und auf Kontinuität ausgerichtete fachlich-personelle Ressourcen zur Entwicklung und Umsetzung der Frühen Hilfen sichergestellt?
  • Wird regelmäßig überprüft, ob die fachlich-personellen Ressourcen, verglichen mit dem regionalen Bedarf der Familien, ausreichend vorhanden sind? Wenn ja, wie und von wem?
  • Wie können Entscheidungstragende die Bedeutung einer kontinuierlichen Personalausstattung und Kompetenzentwicklung noch deutlicher herausstellen und dafür in den Gremien und Ausschüssen sensibilisieren?
  • Wie können hinreichende Ressourcen für die Fort- und Weiterbildung der Akteure in den Frühen Hilfen sichergestellt werden? Welche Anreize werden geschaffen? 
  • Durch welche Maßnahmen kann der Erwerb von Kompetenzen zur interprofessionellen Kooperation und Vernetzung sowie dessen Nutzen von Leitungskräften befördert werden?
  • Wie präsent sind der Nutzen und die Erfolge der interprofessionellen Zusammenarbeit in den für die Frühen Hilfen relevanten Gremien und Ausschüssen? Wie und an wen wird berichtet? 
  • Findet zu anderen Handlungsbereichen ein regelmäßiger Austausch und Vernetzung statt? Wie können andere Handlungsbereiche aus der interprofessionellen Zusammenarbeit in den Frühen Hilfen lernen und umgekehrt? 
  • Wie können Entscheidungstragende Ressourcen und Rahmenbedingungen für die fachliche Weiterentwicklung verlässlich fördern und regeln?
  • Wie werden Qualifizierungsbedarfe erhoben (auch von Leitungskräften)? Existieren dafür systematische Verfahren? 
  • Wir wird die Qualifizierung und Weiterentwicklung auf der strategisch-politischen Ebene gewährleistet? 
  • Wie werden die Ergebnisse der Bedarfserhebung ausgewertet und in Qualifizierungsangeboten umgesetzt?
  • Ist die Abstimmung zwischen trägerspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen und Angeboten auf der strategisch-politischen Ebene geregelt?