direkt zum Hauptinhalt springen

Das Familienbüro Gelsenkirchen und sein Corona-konformes Gesamtkonzept

Chancen für eine neue Zusammenarbeit

Ina Woelk, Leiterin der Abteilung Jugend und Familienförderung der Stadt Gelsenkirchen, stellte das Corona-bedingt bereits früh angepasste Konzept des Familienbüros in Gelsenkirchen vor.

Einleitend zeigte sie anhand einiger Kennzahlen, wie hoch in Gelsenkirchen der Anteil an Familien ist, die mit unterschiedlichen Belastungen und Belastungsrisiken leben: So sei die Arbeitslosenquote in Gelsenkirchen mit 15,8 Prozent enorm hoch, 42 Prozent der Kinder seien auf Sozialgeld angewiesen. Auch die Anzahl an Kindern mit Zuwanderungshintergrund sei mit knapp 60 Prozent sehr hoch, ein Viertel der Eltern sei alleinerziehend.

Wie unterstützen Angebote der Frühen Hilfen in Gelsenkirchen Familien?

Auf den hohen Anteil von Familien in belastenden Lebenslagen reagierte die Stadt bereits Anfang der 2000er Jahre mit einem systematischen Präventionskonzept und dem Aufbau einer gesamtstädtischen Präventionskette.

Deren erster Baustein "Familienförderung" umfasse drei Bereiche: die Begrüßungshausbesuche nach der Geburt, die Organisation von Angeboten Früher Hilfen in allen Stadtteilen sowie seit 2014 das Familienbüro als zentrale Anlaufstelle für Familien.

Was macht das Familienbüro Gelsenkirchen?

Ina Woelk führte aus, dass mit dem Familienbüro – auch mit Unterstützung der Bundesinitiative Frühe Hilfen – ein Ort der Begegnung entstanden sei, an dem Familien niederschwellig, kostenfrei und unbürokratisch Hilfe erhielten.   

In der Fußgängerzone gelegen, umgeben von wichtigen Einrichtungen wie Rathaus, verschiedenen Ämtern und Geburtsklinik sei das Familienbüro zentral und – wie alle Angebote der Frühen Hilfen in Gelsenkirchen "in Kinderwagen-Entfernung" – gut erreichbar.

Auf Nachfrage einer Teilnehmerin ergänzte Ina Woelk, dass im Familienbüro auch Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen und bei der Vorbereitung von Behördengängen geleistet werde.

Sie verdeutlichte, dass die Vielfalt der Angebote Anlass für die Eltern sei, das Familienbüro immer wieder aufzusuchen: von Familienbildungsangeboten/-kurse über Kinderbetreuung am Samstagvormittag bis hin zur Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen. 

Die vielen unterschiedlichen Angebote unter einem Dach zeichneten das Familienbüro auch im Vergleich zu Angeboten in anderen Städten besonders aus.

Wie entwickelte sich das Familienbüro durch Corona weiter?

Als das Familienbüro im Zuge des ersten Lockdowns im März 2020 schließen musste, seien schnell unterschiedliche Maßnahmen ergriffen worden, die im Laufe der Folgemonate angepasst und erweitert wurden, zum Beispiel:

  • Einrichtung einer Telefon-Hotline für direkte Fragen
  • Umbau und Ergänzung von Internetseiten, zum Beispiel Ergänzung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Familien
  • Entwicklung von Kinderbüchern, die die Krise kindgerecht erklären
  • Umorganisation der Hausbesuche, zum Beispiel Gespräche an der frischen Luft oder per Video
  • Anpassung persönlicher Kontakte in Innenräumen: nur mit Schutzausrüstung
  • Umwandlung bestehender Kurse in Online-Angebote
  • Zusammenstellung "analoger" Eltern-Pakete mit Informationen und Spiel-Materialien
  • Bereitstellung der Spielfläche des Familienbüros zur privaten Nutzung: für einzelne Familien oder – je nach Phase der Pandemie – für zwei bis drei Familien

Wo liegen Grenzen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Eltern? Was hat sich bewährt?

Grenzen in der Zusammenarbeit mit Familien sieht Ina Woelk – unabhängig von der Corona-Pandemie – insbesondere dadurch gegeben, dass Frühe Hilfen freiwillig sind und die Anbieter der Frühen Hilfen darauf angewiesen seien, dass Eltern die Angebote nutzen.

Als herausfordernd erlebte Ina Woelk, dass sich gerade zu Beginn der Krise viele Familien zurückgezogen hätten und es schwierig gewesen sei, Kontakt zu halten.

Hier hätten die Eltern-Pakete gute Dienste geleistet: Sie seien von den Eltern persönlich abgeholt worden, sodass hier immer die Möglichkeit bestanden hätte, kurz zu fragen, wie es den Familien geht, welche anderen Hilfen sie gerade bräuchten und ob sie via Newsletter über die weiteren Angebote informiert werden möchten.

Mitunter schwierig sei es zudem gewesen, die technischen Voraussetzungen für die Online-Angebote zu schaffen und mit dem Datenschutz in Einklang zu bringen, Fachkräfte für die Durchführung von Online-Angeboten zu begeistern und die Kanäle zu nutzen, in denen Eltern tatsächlich zu finden sind (zum Beispiel Facebook).

Auch hob die Vortragende hervor, wie wichtig es sei, Eltern nicht nur digitale, sondern auch analoge Angebote zu machen, da es nach wie vor in jeder Bevölkerungsschicht und in jeder Altersgruppe Menschen gäbe, die nicht technikaffin seien.

Was wird bleiben?

Ina Woelks Fazit war, dass viele Elemente, die durch die starken Einschränkungen seit Beginn der Corona-Zeit angestoßen und entstanden seien, auch weiterhin im Angebot des Familienbüros berücksichtigt würden. So würden digitale Elemente wie Online-Kurse bestimmt weiterhin alternativ zu analogen Kursen angeboten werden oder Hybridangebote, die beide Formate kombinierten: "Dann können Eltern wählen, ob sie ein Angebot vor Ort oder von zu Hause aus nutzen. Ohne Corona wären wir nicht auf die Idee gekommen", resümierte sie diesen Aspekt. 

Auch die verbesserte Ausstattung des Familienbüros werde den Familien weiterhin zugutekommen.

Ausbaupotenzial sah Ina Woelk insbesondere im Einsatz von Social-Media-Formaten, um Eltern noch besser zu erreichen.

Abschließend ermutige sie die Teilnehmenden, auch unbequeme Wege zu gehen, und fasste die Entwicklung des Familienbüros  angelehnt an ein Zitat des englischen Arztes und Schriftsteller Thomas Fuller zusammen: "Alles ist schwer, bevor es einfach wird".