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Die Rolle von Elternstress für elterliches und kindliches Wohlbefinden

Désirée Liese, wissenschaftliche Referentin im Deutschen Jugendinstitut (DJI), blickte in ihrem Vortrag auf die Untergruppe der Eltern mit erhöhtem Stress und Konfliktpotential und stellte erste Ergebnisse einer Pilotstudie im DJI-Projekt "Die Rolle von Elternstress für elterliches und kindliches Wohlbefinden" vor.

Zum Hintergrund wies sie auf Erkenntnisse hin, dass der Übergang zur Elternschaft eine große Herausforderung für alle Eltern darstelle, dass das Ausmaß des elterlichen Stresserlebens sehr unterschiedlich sei und es – wie zuvor von Susanne Ulrich vorgestellt – eine Subgruppe an Eltern gebe, bei denen Stress durch die Elternschaft und das Konfliktpotential deutlich erhöht seien.

In dem DJI-Projekt gehe es um die Frage, welche Eltern erhöhten Elternstress erlebten. Dazu habe man eine kleine Mixed-Method-Studie mit insgesamt N=39 Eltern und verschiedenen qualitativen und quantitativen Elementen durchgeführt:

  • Online-Erhebung zu elterlichen Belastungen, ihrem individuellen und partnerschaftlichen Wohlbefinden, der Eltern-Kind-Interaktion und Emotionsregulation sowie Hochsensitivität
  • Qualitative Interviews zum Erleben von Stress in der Elternrolle, sowie insbesondere zum Zusammenhang mit Hochsensitivität zur Vertiefung der Daten
  • Tägliche Fragebögen zum Stress- und Gefühlserleben bzw. zu nicht-stressbezogenen Fragen (Experimental- vs. Kontrollgruppe)

Wie wurde das Ausmaß an Elternstress erhoben?

Der Elternstress sei mithilfe des Eltern-Belastungs-Inventars (EBI) gemessen worden, einem Fragebogen mit unterschiedlichen Subskalen: Hyperaktivität, Stimmung, Akzeptierbarkeit, Anforderungen und Anpassungsfähigkeit im Bereich kindbezogener Belastungen, sowie Einfühlungsvermögen, Soziale Isolation, Elterliche Kompetenz, Depression, Gesundheit, Persönliche Einschränkung und Partnerbeziehung im Bereich von Belastungen durch die Elternrolle. 

Welche Eltern erleben erhöhten Elternstress? Welche Faktoren führen zu erhöhtem elterlichem Stress?

Die Ergebnisse aus dem Eltern-Belastungs-Inventar zeigten, dass drei Bereiche elternbezogener Belastungen bei Eltern besonders erhöht waren: Gesundheit (vor allem Erschöpfung), persönliche Einschränkung (durch die Elternschaft) und Partnerbeziehung. Die detaillierte Auswertung der Subskalen zeige, dass Eltern zu wenig Zeit für ihre Partnerschaft und sich selbst hätten, sich körperlich erschöpft fühlten oder sich weniger leistungsfähig als früher erlebten.

Erste explorative Auswertungen mit dieser kleinen Stichprobe hätten Hinweise für weitere Merkmale im Zusammenhang mit erhöhtem elterlichem Stress identifiziert:

  • Eltern mit einem hohen Maß an Neurotizismus, d.h. emotionaler Labilität
  • Eltern mit einem hohen Maß an Hochsensitivität, einer Temperamenteigenschaft, bei der die Personen Informationen wesentlich gründlicher wahrnehmen und umfassender verarbeiten
  • Eltern mit vielen Partnerschaftskonflikten
  • Eltern mit einem höheren Ausmaß an Depressivität
  • Eltern, die Schwierigkeiten in der Emotionsregulation haben, d.h. die Art, Dauer oder das Ausmaß ihrer Emotionen schlechter beeinflussen können
  • Eltern mit geringem Ausmaß an sozialer Unterstützung und
  • Eltern mit erhöhter wahrgenommener Covid-19-Pandemiebelastung

Wie belastet fühlen sich Eltern durch die Covid-19-Pandemie?

Etwa die Hälfte der Befragten hätten sich mäßig, gut ein Drittel stark belastet gefühlt.

Welche Erkenntnisse liefern die Daten?

Désirée Liese fasste zusammen, dass Gesundheit, vor allem Erschöpfung, persönliche Einschränkungen und eine schwierige Partnerbeziehung bei erhöhtem elterlichem Stress vorzufinden seien. Zudem zeigte sich ein Zusammenhang mit Persönlichkeitsmerkmalen, wie Neurotizismus oder Hochsensitivität, sowie situativen Faktoren, wie einer geringen sozialen Unterstützung oder höheren Belastungen durch die Corona-Pandemie. Eine Rolle spielten außerdem psychologische Faktoren, wie Emotionsregulationsschwierigkeiten.

Trotz der kleinen Stichprobe könnten die Pilotstudien-Ergebnisse wichtige Hinweise geben, welche Faktoren zu erhöhtem elterlichem Stress führen und welche Unterstützungsangebote Eltern bräuchten.

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