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Frühe Hilfen beim Kongress Armut und Gesundheit 2022

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) hat auch beim diesjährigen Public-Health-Kongress Veranstaltungen zum Themenbereich Frühe Hilfen vorbereitet und ausgerichtet. Im Fokus der Beiträge und Diskussionen standen Erkenntnisse zur Situation von Kindern, Anregungen zur Unterstützung der Familien sowie die Weiterentwicklung digitaler Informationsformate in den Frühen Hilfen.

Nachdem im zweiten Jahr der Corona-Pandemie viele Herausforderungen zwar lösungsorientiert, aber insbesondere reaktiv und nur bedingt mit langfristigem Blick angegangen wurden, rückte das Kongress-Motto "Was jetzt zählt" die Gestaltung einer proaktiven, nachhaltigen und gesundheitsfördernden Gesamtpolitik in den Fokus.

An den Veranstaltungen zum Themenschwerpunkt Frühe Hilfen nahmen zwischen 60 und 150 Personen teil. Gemeinsam diskutierten sie die Situation von Familien mit kleinen Kindern nach zwei Jahren Corona-Pandemie sowie kurz-, mittel- und langfristige Herausforderungen und Handlungsbedarfe für die Frühen Hilfen. Zentrale Fragen waren dabei: Was brauchen Kinder und ihre Eltern? Wie können sie erreicht werden? Was brauchen Fachkräfte in Kommunen und Netzwerken?

Neben Folgen durch die Corona-Pandemie flossen auch die zu erwartenden Auswirkungen des Krieges in der Ukraine für Familien in die Diskussionen ein.

Wie geht's den Kindern?

Die Auftaktveranstaltung blickte aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Bedarf an Unterstützung bei Müttern und Vätern mit kleinen Kindern nach der Pandemie. Zur Frage "Wie geht’s den Kindern?" ging es auch um Anforderungen an die Frühen Hilfen, die sich aus diesen Bedarfen ergeben. Ilona Renner, NZFH, BZgA, Prof. Dr. Ute Thyen, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, und Elisabeth Schmutz, Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ism), brachten ihre Expertise ein. Moderiert haben Mechthild Paul, Leiterin des NZFH, und Jörg Backes, NZFH.

Psychosoziale Belastungslagen und Inanspruchnahme von Frühen Hilfen

Ein weiteres Fachforum des NZFH ging der Frage nach passender Unterstützung für Familien in sozioökonomischen Belastungslagen, Familien, die unter vermehrtem elternbezogenem Stress leiden sowie für Alleinerziehende und Stieffamilien nach. Um Unterstützungsbedarfe und Ansprachen für diese Untergruppen zu diskutieren, stellten drei Expertinnen aus dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) Studien-Ergebnisse des NZFH vor: Susanne Ulrich, Désirée Liese und Dr. Ulrike Lux, die auch die Moderation des anschließenden Austauschs übernommen hat.

Frühe Hilfen bekannt machen

Das dritte NZFH-Forum widmete sich digitalen Zugängen, um die Angebote der Frühen Hilfen bei Familien stärker bekannt zu machen. Entwicklung und besondere Anforderungen einer App, einer Website und eines Instagram-Kanals für Eltern stellten Kristina Preisendörfer, Koordinierungsstelle Frühe Hilfen Hochtaunuskreis, Jonas Ziethen, Stadt Dormagen, und Elena König, NZFH, BZgA, vor. Astrid Königstein und Rebecca Maier aus dem NZFH, BZgA, haben die Veranstaltung moderiert.

Frühe Hilfen und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD)

Bereits bei der Satelliten-Tagung am Kongress-Vortag zu Entwicklungen und Herausforderungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes widmete sich ein Workshop der Verzahnung des ÖGD mit den Frühen Hilfen. Mechthild Paul, NZFH, BZgA, sowie Dr. Gesine Thünenkötter und Evelin Zobel, Koordinierungsstelle Frühe Hilfen im Regionalverband Saarbrücken, brachten Impulse zur Vernetzung von Frühen Hilfen und ÖGD ein. Prof. Dr. Eike Quilling, Hochschule für Gesundheit Bochum, und Prof. Dr. Raimund Geene, Berlin School of Public Health, haben die Moderation übernommen.

Fazit und Ausblick

Fachimpulse und Praxisbeiträge sowie Erfahrungen der Teilnehmenden beim diesjährigen Kongress zeigten Bedeutung und Möglichkeiten der Frühen Hilfen, um Familien mit kleinen Kindern, insbesondere in schwierigen Lebenslagen und Krisen zu unterstützen.

Bereits der Kongress 2021 hat gezeigt, wie wichtig ein breites Spektrum an Unterstützungsangebote für Familien ist. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde dies vor allem in Bezug auf digitale und Präsenzangebote deutlich. Aber auch die inhaltliche Gestaltung der Angebote sollte – unabhängig vom Format – auf unterschiedliche Zielgruppen, Inanspruchnahme- und Nutzungsgewohnheiten ausgerichtet sein. Um möglichst viele Familien zu erreichen, müssen zudem vielfältige und innovative Zugangswege genutzt werden.

Grundlegend für die Unterstützung und Entlastung von Familien sind vor allem zuverlässige Strukturen und Hilfe-Systeme. Die Angebote müssten daher dauerhaft – insbesondere in Krisen-Zeiten – sichergestellt und zugänglich sein. Der weitere Ausbau der Netzwerke Frühe Hilfen, zum Beispiel durch die intensive Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten oder mit Familien- und Stadtteilzentren, sollte weiter vorangetrieben und unterstützt werden.

Die Diskussionen in den Fachforen zeigten zudem, wie wichtig es ist, Eltern und Kinder in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, zum Beispiel bei der Entwicklung digitaler Angebote. Auch bei Forschungsaktivitäten könnte die Perspektive der Kinder selbst berücksichtigt werden, zum Beispiel durch Beobachtungsstudien.

Bedürfnisse von Kindern und Familien, die aus Wissenschaft und Praxis ausreichend bekannt sind, müssten grundsätzlich in alle politischen Handlungen und Entscheidungen einfließen. Im Sinne des "New-Public-Health"-Ansatzes müssten dazu Gesundheitsförderung und Beratung sowie Steuerung und Koordination gesundheitlicher Belange als Kernaufgabe von Kommunen und des öffentlichen Gesundheitsdienstes angesehen und umgesetzt werden.

Um Angebote möglichst vielfältig gestalten zu können, Netzwerke auszubauen und Strukturen zuverlässig sicherzustellen, müssten neben politischem Wille vor allem ausreichend Ressourcen für Kommunen und Fachkräfte zur Verfügung stehen – die zentralen Forderungen aller Kongress-Veranstaltungen zum Themenbereich Frühe Hilfen.