direkt zum Hauptinhalt springen

Datenschutz und digitale Kommunikation

Stephanie Götte, Referentin im Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF), fasste zusammen, welche datenschutzrechtlichen Aspekte in den Frühen Hilfen zu beachten sind, und ging dabei auch auf Besonderheiten der digitalen Beratung ein.

Was bedeutet Datenschutz im Zusammenhang mit den Frühen Hilfen?

Gleich zu Beginn machte die Vortragende deutlich: "Wenn wir über Digitalisierung reden, kommen wir am Thema Datenschutz nicht vorbei." Oft höre man, der Datenschutz hindere den Kinderschutz, Stephanie Götte ist jedoch überzeugt, dass das Gegenteil der Fall ist: "Datenschutz ist Vertrauensschutz und damit unabdingbare Grundlage jeder Hilfebeziehung." Er diene nicht nur der informationellen Selbstbestimmung, sondern sei für den Aufbau einer Vertrauensbeziehung essenziell, so die Expertin.

Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe hätten die Fachkräfte häufig mit hochsensiblen Themen zu tun. Und je konkreter die Hilfesuchenden Probleme benennen, desto besser und passgenauer könne ihnen geholfen werden. Den datenschutzrechtlichen Rahmen zu kennen und damit ein Anvertrauen zu ermöglichen, sei hier demnach enorm wichtig.

Stephanie Götte wies darauf hin, dass für jeden Umgang mit personenbezogenen Daten eine gesetzliche Befugnis oder eine qualifizierte Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich sei.

Am Beispiel des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erklärte sie, was es zu beachten gebe: "Er ist an das Sozialgeheimnis gebunden, es gelten die Datenschutzregeln der DSGVO, des SGB I und SGB X und die insbesondere für die Jugendhilfe im SGB VIII geschaffenen Sonderregelungen" (§§ 61 ff SGB VIII).

Freie Träger seien zwar nicht unmittelbar an das Sozialgeheimnis gebunden, seien aber in dem Moment, in dem sie sich im Bereich von SBG VIII-Aufgaben bewegen, auch zu einem entsprechenden Schutz der Sozialdaten verpflichtet.

Welche datenschutzrechtlichen Fragen stellen sich in den Frühen Hilfen?

Um deutlich zu machen, in welchen Situationen sich datenschutzrechtliche Fragen stellen, präsentierte die Vortragende, die das DIJuF auch im Beirat der Bundesstiftung Frühe Hilfen und des NZFH vertritt, eine hilfreiche Übersicht:

  • Erlangen der Kontaktdaten: Wie erfährt man, dass eine Familie Nachwuchs hat?
  • Kontaktaufnahme: Darf man die Daten hierfür nutzen?
  • Beim Kontakt selbst: Insbesondere, wenn digital kommuniziert wird: Kann vielleicht jemand mitlesen/-hören? Welche Daten werden durch das genutzte Programm gespeichert/weitergegeben?
  • Weitergabe der Daten: Gerade bei dem vernetzten Angebot Frühe Hilfen von Bedeutung: Dürfen Daten weitergegeben werden, um weiterführende Hilfen zu vermitteln?
  • Speicherung der Daten: Ist den Fachkräften und den Hilfesuchenden bewusst, welche Daten wo und wie lange gespeichert werden?

Welche datenschutzrechtlichen Hürden gilt es bei der Nutzung digitaler Medien und Programme zu beachten?

  1. Einsehbarkeit der Daten durch Dritte
  2. Weiterverarbeitung der Daten durch Dritte, zum Beispiel Übermittlung, Nutzung für andere Zwecke und Speicherung der Daten
  3. Technische Voraussetzungen

Für digitale Hilfeangebote bedeute das, Programme sorgsam auszuwählen, um einen hohen Datenschutzstandard in den Frühen Hilfen zu sichern. Auch bei der Nutzung von Endgeräten sollte man das Thema Datenschutz nicht außer Acht lassen, also etwa das Diensthandy nicht für den privaten Gebrauch nutzen.

Welche Aspekte sind bei Einsatz digitaler Medien und Programme in den Frühe Hilfen zu beachten?

Sechs zentrale Aspekte könne man "abarbeiten", um den Einsatz digitaler Medien und Programme aus datenschutzrechtlicher Sicht zu prüfen:

  • Ist die rechtliche Grundlage gegeben?: Besteht also eine gesetzliche Befugnis oder liegt eine Einwilligung vor?
  • Ist die Einwilligung oder Schweigepflichtentbindung wirksam?: Welche Daten dürfen von wem an wen zu welchem Zweck weitergegeben werden?
  • Wurden die Informationspflichten der DSGVO beachtet: Wurde aufgeklärt?
  • Werden datenschutzrechtliche Grundsätze beachtet?: Transparenzgebot, Grundsatz der Betroffenenerhebung, Erforderlichkeit, Zweckbindung
  • Ist der besondere Schutz bei anvertrauten Daten und bei Gesundheitsdaten beachtet?
  • Sind die technischen Voraussetzungen datenschutzkonform? Sind die genutzten Programme und Geräte sicher?  Liegt die Einwilligung für die Nutzung der Programme vor?

Drei Datenschutzgrundsätze hob Stephanie Götte abschließend nochmal hervor: das Prinzip der Erforderlichkeit, was bedeute, "so wenig Daten wie möglich und so viele wie nötig". Das Transparenzgebot, was bedeute, dass den Hilfesuchenden stets klar sein müsse, was mit ihren Daten passiert. Und zum Prinzip der Gesetzesbindung könne man sich grundsätzlich an dem Leitsatz orientieren: "Alles ist verboten, es sei denn es ist erlaubt".

Was brauchen Fachkräfte, um datenschutzkonforme Angebote zu schaffen?                                   

Einige Teilnehmende äußerten den Wunsch nach einheitlichen Richtlinien, an denen sich die Fachkräfte bei der Entwicklung von Angeboten orientieren könnten, sowie nach Empfehlungen datenschutzkonformer Plattformen.

Stephanie Götte verwies zum einen auf eine Vielzahl vorhandener Programme, die teilweise einen vergleichsweise guten Datenschutzstandard gewährleisteten. Sie machte aber auch deutlich, dass sie den Verbesserungsbedarf ebenfalls sehe und hoffe, dass die technische Entwicklung schnell voranschreite und es bald zum Beispiel datenschutzkonforme Apps speziell für die Kinder- und Jugendhilfe geben werde.