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Erarbeitung und Erprobung von Qualitätsentwicklungskonzepten für Institutionen

Fortbildung und Fachberatung kommen bei der Qualifizierung der Gesprächsführung schnell an ihre Grenzen, da es um mehr als um die Vermittlung von Wissen und einer fachlichen Haltung auf der individuellen Ebene der Fachkräfte geht. Damit Institutionen, wie Jugendämter, aber auch Einrichtungen freier Träger qualifiziert auf die besonderen Bedarfe, Sorgen, Ängste und Nöte unfreiwilliger Klientinnen und Klienten reagieren können, ohne dabei die Schutzbelange des Kindes aus den Augen zu verlieren, braucht es institutionelle Konzepte und Strukturen. Diese müssen mit Werten wie beispielsweise der Wahrung individueller Rechte und Diskriminierungssensibilität hinterlegt, in der Kultur der Institutionen verankert und in das Gesamtkonzept zum Kinderschutz eingebettet sein.

Ein integriertes Qualitätsentwicklungskonzept

Entsprechend stand in der Abschlussdiskussion der Veranstaltung folgende Empfehlung der Expertinnen und Experten im Mittelpunkt:

  • Ein integriertes Qualitätsentwicklungskonzept sollte erarbeitet, gemeinsam mit Jugendämtern erprobt und schließlich in einem öffentlichen Diskurs dafür geworben werden. Mögliche Elemente des Konzeptes schließen ein:
    • Stärkung des fachlichen Diskurses und der Bedeutung der beraterischen Arbeit im Kinderschutz als Qualitätsentwicklungsthema. Hierbei sollten nicht nur Jugendämter, sondern auch zentrale Stakeholder, wie zum Beispiel kommunale Spitzenverbände oder die Bundesarbeitsgemeinschaft der Allgemeinen Sozialen Dienste, einbezogen werden.
    • Entwicklung von kinderschutzspezifischen Konzepten für die Arbeit mit Klientinnen und Klienten, zum Beispiel auf der Grundlage des Motivational Interviewing. Hierbei sollten neben allgemeinen Strategien der Gesprächsführung, wie ambivalenzorientierte Beratung, auch verschiedene Gesprächsarten und ihre Inhalte bedacht werden. Ein Beispiel hierfür ist die gezielte Abklärung von bedeutenden Fragen im Rahmen der Gefährdungseinschätzung, Wissen zu Risikofaktoren und Risikomechanismen sowie Kompetenzen, diese zu erkennen. Ebenso sollten spezifische Zielgruppen berücksichtigt werden, wie zum Beispiel Familien mit Migrationshintergrund oder Eltern mit psychischer Erkrankung.
    • Entwurf von Schulungs- und Trainingsprogrammen sowie zentralen Bausteinen für die institutionelle Entwicklung. Neben der Fachkräfteschulung gehört hierzu auch die Entwicklung von Gesprächsmaterialien und Praxisleitfäden sowie die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten und die Berücksichtigung der zeitlichen Ressourcen in den Instrumenten zur Personalbemessung.
    • Erprobung des Konzeptes in ausgewählten Jugendämtern und Evaluation seiner Auswirkungen auf
      • die Qualität der Kinderschutzarbeit,
      • die Zufriedenheit der Klientinnen und Klienten,
      • die Arbeitszufriedenheit der Fachkräfte und
      • die Personalfluktuation.
    • Überarbeitung und Veröffentlichung eines institutionellen Qualitätsentwicklungskonzeptes für die Arbeit mit Klientinnen und Klienten im Kinderschutz.

Voraussetzungen für die Annahme des Konzeptes von Jugendämtern

Jugendämter werden laufend mit neuen Forderungen konfrontiert. Ihre Bereitschaft sowie ihre Möglichkeiten und Ressourcen, sich auf groß angelegte QE-Konzepte einzulassen, sind daher oft begrenzt. Insofern wurden von den Expertinnen und Experten Kriterien diskutiert, die ein Konzept erfüllen muss, damit sich Jugendämter nicht nur darauf einlassen, sondern sich auch dafür begeistern können:

  • Der Mehrwert für den Kinderschutz muss deutlich und einfach erkennbar sein. Das Konzept muss Fachkräfte und Institutionen mit ihren fachlichen Ansprüchen abholen, mehr Erfolge in der Arbeit mit Klientinnen und Klienten in Aussicht stellen und Freude an der Arbeit im Kinderschutz vermitteln.
  • Das Konzept muss Lösungen für Herausforderungen im fachlichen Alltag anbieten. Der Druck sowie die Bedarfe der Fachkräfte müssen aufgegriffen werden.
  • Konzepte müssen an andere Arbeitsabläufe anschlussfähig sein und Komplexität reduzieren. Hierzu können inhaltlich auch Vorschläge eingearbeitet werden, wo zeitliche Ressourcen eingespart werden können, um mehr Zeit für die Arbeit mit den Klientinnen und Klienten zu gewinnen.
  • Die Einführung muss niedrigschwellig und mit überschaubarem Aufwand realisierbar sein.
  • Das Konzept sollte alle Institutionen im Kinderschutz, öffentliche und freie Träger, adressieren sowie alle in der Institution vertretenen Professionen einbeziehen.