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Impulspapier zum Koalitionsvertrag und zum Krieg in der Ukraine

Der Beirat der Bundesstiftung Frühe Hilfen und des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) wendet sich im März 2022 mit einem Impulspapier an die Bundesregierung.

Das Papier steht als PDF-Datei zur Verfügung:

Lesen Sie hier das komplette Impulspapier:

Impulspapier zum Koalitionsvertrag "Mehr Fortschritt wagen" mit Ergänzungen zur aktuellen Situation durch den Krieg in der Ukraine

Der Beirat der Bundesstiftung Frühe Hilfen und des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) hat das vorliegende Impulspapier in seiner virtuellen Sitzung am 9. März 2022 verabschiedet und beschlossen.

Frühe Hilfen haben zum Ziel, dass für jedes Kind eine gesunde Entwicklung und ein gewaltfreies Aufwachsen durch ein Unterstützungssystem ermöglicht wird, das bundesweit in gleicher Qualität vorhanden ist. Hierzu sollen Kinder und ihre Eltern möglichst frühzeitig im Leben erreicht werden. Deshalb adressieren die Frühen Hilfen alle Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre. Die Hilfen sind niedrigschwellig und erleichtern damit insbesondere Familien in belasteten Lebenslagen einen Zugang, da diese häufig nur sehr schwer von universellen Angeboten erreicht werden, obwohl sie einen großen Unterstützungsbedarf haben.

Um auch psychosozial belastete Familien auf leicht zugänglichen und gleichzeitig vielfältigen Wegen zu erreichen, setzen sich die Frühen Hilfen in koordinierten lokalen Netzwerken aus Angeboten verschiedener Sektoren zusammen, insbesondere aus der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, der Frühförderung und der Schwangerschaftsberatung.

Der Beirat der Bundesstiftung Frühe Hilfen und des NZFH hat den von den Regierungsparteien unterzeichneten Koalitionsvertrag mit Interesse gelesen und sieht darin zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine bessere Versorgung der Zielgruppen Früher Hilfen:

"Die Mittel der ›Stiftung Frühe Hilfen‹ werden wir dynamisieren." (S. 99)

Der Beirat begrüßt, dass im Koalitionsvertrag auf den finanziellen Bedarf in den Frühen Hilfen eingegangen wird. Allerdings reicht eine Dynamisierung der Mittel alleine nicht, um den Bedarf an Frühen Hilfen zu decken. Daher weist der Beirat darauf hin, dass die derzeit zur Verfügung stehenden Mittel schon heute keine bedarfsdeckende Versorgung mit Angeboten der Frühen Hilfen gewährleisten; dies betrifft insbesondere den erfolgreichen Einsatz von Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegenden (FGKIKP) in den Familien. Deutschlandweit kann der Bedarf an diesem Angebot in weniger als jeder dritten Kommune gedeckt werden, weil die notwendigen finanziellen Mittel langfristig fehlen: Etwa jede fünfte Kommune benötigt hierfür Mittel in mehr als doppelter Höhe als bisher. Besonders eklatant ist die Unterdeckung in den ostdeutschen Bundesländern.

Um deutschlandweit ein annähernd gleiches Qualitätsniveau sicherzustellen, braucht es daher dringend eine Erhöhung der Mittel, um für alle Familien und ihren Kindern – ungeachtet ihres Wohnortes – die notwendige Hilfe zu gewährleisten. Daher unterstützt der Beirat eine Reprise der BR-Drs. 623/19 mit dem Ziel einer deutlichen Erhöhung der Bundesmittel für die Bundesstiftung Frühe Hilfen.

Sozialindikatoren weisen darauf hin, dass die Zahl der Familien, die Unterstützung benötigen, steigt. Damit geht auch ein erhöhter Bedarf an Frühen Hilfen einher. So ist zwischen 2010 und 2019 die Armutsgefährdungsquote von Kindern gestiegen, obwohl dies konjunkturstarke Jahre waren. Familien hatten somit keine angemessene Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung. In Zeiten der Pandemie scheint sich die Situation von Familien weiter verschärft zu haben. Auch die Versorgung von ressourcenarmen Familien in strukturschwachen Regionen wird in Zukunft eine noch größere Herausforderung sein. Hinzu kommt, dass mit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) die Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen zuständig werden wird (inklusive Lösung), d. h. dass perspektivisch durch die Frühen Hilfen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe auch alle Eltern mit behinderten Kindern verstärkt adressiert werden sollen.

"Kindergrundsicherung – Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen." (S. 100)

Der Beirat begrüßt das Vorhaben der Regierung, Kinderarmut in Deutschland aktiv zu bekämpfen. Die Folgen von Armut sind für Kinder häufig tiefgreifend und beeinflussen langfristig die gesunde Entwicklung von Kindern und schränken ihre Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe erheblich ein. Bereits von Geburt an wirkt sich die soziale Benachteiligung von Familien negativ auf die Entwicklungs- und Zukunftschancen von Kindern aus. Je früher Familienarmut daher bekämpft wird, desto wirkungsvoller können Armutsfolgen für Kinder minimiert werden.

Kinderarmut ist überwiegend strukturell verursacht und weniger Ausdruck individuellen Scheiterns. Dazu gehört, zunächst die materielle Basis von Familien und Kindern zu stärken, d. h. eine tatsächliche Sicherstellung des sächlichen und soziokulturellen Existenzminimums für alle Familien zu gewährleisten.

Um Kinder- und Familienarmut wirkungsvoll und nachhaltig zu bekämpfen, braucht es aber mehr. Prekäre Lebenslagen benachteiligen Menschen in allen Lebensbereichen und gehen mit Ausgrenzung und Diskriminierung einher. Dies zeigt sich insbesondere bei Alleinerziehenden und ihren Kindern. Es bedarf daher einer politischen, ressortübergreifenden Gesamtstrategie (Health in all policies) und Zusammenarbeit auf allen föderalen Ebenen: (Aus-)Bildung, Integration, Gesundheit, Familie, Arbeit, Soziales und Wohnen. Die Gesamtstrategie sollte die nachhaltige Verhinderung und den Abbau von Armutslagen in Familien zum Ziel haben, damit Kindern eine reale Chance an gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht und Armut nicht zu einer intergenerationalen Spirale wird. Dies würde einer guten Umsetzung der EU-Kindergarantie entsprechen.

Um die Wirksamkeit der Gesamtstrategie zu überprüfen, ist eine regelmäßige Evaluation ratsam (vgl. Frühe Hilfen für Familien in Armutslagen. Empfehlungen Beitrag des NZFH-Beirats).

"Wir wollen die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und orientieren uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention." (S. 98)

Der Beirat begrüßt es, dass die regierungsbildenden Parteien in dieser Legislaturperiode das Vorhaben, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, weiterverfolgen. Die UN-Kinderrechtskonvention wurde 1992 von Deutschland ratifiziert und hat in der Bundesrepublik den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Sie bildet für die Frühen Hilfen einen verbindlichen Orientierungsrahmen. Allerdings gibt es noch immer Umsetzungsdefizite. Die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie haben sehr deutlich gezeigt, dass die Rechte der Kinder auf Bildung und gesunde Entwicklung nicht immer im Mittelpunkt staatlichen Handelns während der Pandemie standen. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Rechte der Kinder im Grundgesetz zu verankern, damit sie zukünftig im Zentrum von Entscheidungen der Politik, Verwaltung und Rechtsprechung stehen.

"Als Lehre aus der Pandemie bedarf es eines gestärkten Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), der im Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen sichergestellt wird." (S. 83)

Der Beirat begrüßt die Stärkung des ÖGD und damit insbesondere des kinder- und jugendärztlichen und multiprofessionellen Dienstes im ÖGD (KJGD). Durch die systemübergreifende Zusammenarbeit in den kommunalen Netzwerken Frühe Hilfen konnte die eindringliche Erfahrung gemacht werden, dass insbesondere in der Versorgung von vulnerablen und vielfach belasteten Gruppen der ÖGD als Garant für einen kommunalen bevölkerungsbezogenen Ansatz ein wichtiger und grundlegender Akteur ist, um die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern. Durch die systemübergreifende Zusammenarbeit des KJGD im ÖGD mit dem öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe können bereits jetzt auf kommunaler Ebene Planungsprozesse effektiver und ressourcenschonender aufeinander bezogen sowie Strukturen und öffentliches Handeln agiler gestaltet werden, wodurch eine nachhaltigere Versorgung orientiert an den Bedarfen der Familien und ihren Kindern ermöglicht wird. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass stabile systemübergreifende kommunale Strukturen die Voraussetzung für eine gelungene Krisenbewältigung sind.

Der Beirat empfiehlt dringend, den KJGD im ÖGD für die gemeinsame Planungs- und Koordinierungsstruktur im Rahmen des ÖGD-Pakts angemessen personell und sachlich auszustatten. Darauf bezogen sich bereits die Empfehlungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) "Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona", die es dringend umzusetzen gilt.

"Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geht in einem Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit am Bundesministerium für Gesundheit auf, in dem die Aktivitäten im Public-Health Bereich, die Vernetzung des ÖGD und die Gesundheitskommunikation des Bundes angesiedelt sind." (S. 83)

Der Erfolg der Frühen Hilfen ist vorwiegend auf die systemübergreifende Zusammenarbeit auf und zwischen allen föderalen Ebenen zurückzuführen. Durch ihre Kooperationsstruktur zwischen Bund, Ländern und Kommunen können Synergien geschaffen und damit effektiv zusammengearbeitet werden. Sie werden dafür häufig als positives Beispiel hervorgehoben und sie sind zu einer Blaupause für modernes öffentliches Handeln geworden, das sozialrechts- und sektorenübergreifend die vorhandenen Ressourcen für Familien und ihre Kinder bündelt und einsetzt.

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen hat mit seiner übergreifenden Struktur auf Bundesebene wichtige Impulse gegeben, die in Deutschland stark gegliederten Leistungssysteme für Gesundheit, Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe zu einer kooperativen Verantwortungsgemeinschaft vor Ort und auf der Länderebene weiter zu entwickeln. Da aus dem Koalitionsvertrag nicht deutlich wird, wie das zukünftige Bundesinstitut, in das die BZgA aufgehen soll, ausgestaltet werden soll, plädiert der Beirat dringend dafür, dass ein system- und sektorenübergreifendes Arbeiten, wie es auch bisher der Fall war, weiterhin ausdrücklich in diesem neuen Institut erhalten bleibt. Nach 15 Jahren Frühe Hilfen auf Bundesebene ist eine »lesson learned«, dass es staatliche Strukturen braucht, die sich weniger an den Systemen als vielmehr an den Bedürfnissen und Bedarfen der Menschen, für die sie da sind, orientieren und miteinander zusammenarbeiten.

"Wir setzen das Nationale Gesundheitsziel »Gesundheit rund um die Geburt« mit einem Aktionsplan um." (S. 85)

Die Umsetzung des Gesundheitsziels »Gesundheit rund um die Geburt« im Rahmen eines Aktionsplans ist ein wichtiger Schritt, um die dort mit vielen Partnern konsentierten Handlungsstränge verbindlich umzusetzen. Das Gesundheitsziel umfasst die wichtigen Phasen von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und das erste Jahr mit einem Neugeborenen. Die besondere Bedeutung dieses Zeitfensters für die kindliche Entwicklung ist durch zahlreiche Studien belegt. Die positive Bewältigung der Herausforderungen, die mit dieser Lebensphase verbunden sind, stellt die Weichen für einen guten Start in die Elternschaft und hat damit auch Auswirkungen auf das weitere Leben des Kindes. Bislang fokussieren sich die Ausführungen im Koalitionsvertrag zu diesem Vorhaben vor allem auf die bessere Versorgung durch Hebammen. Dazu gehört die Behebung des eklatanten Hebammenmangels. Der Fachkräftemangel macht sich auch in den Frühen Hilfen durch das Fehlen von Familienhebammen, aber auch der Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegenden bemerkbar. Darüber hinaus werden Familienhebammen zunehmend angefragt, auch die originäre Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung mit zu übernehmen, was zu erheblichen Schwierigkeiten an den Schnittstellen von SGB V und SGB VIII sowohl zu Lasten der Fachkräfte, aber auch der Gebärenden führt. Hier stehen Fragen der Arbeitsbedingungen, der soziallrechtlichen Absicherung, der Flexibilität zwischen festem Beschäftigungsverhältnis und Freiberuflichkeit und dem Schnittstellenmanagement zwischen Leistungen des SGB V und SGB VIII im Vordergrund.

Der Beirat empfiehlt darüber hinaus, dass das Gesundheitsziel in seiner vollen Breite im Aktionsplan Berücksichtigung findet. Ziel muss es sein, die Versorgung aus Sicht der Familien und ihrer Kinder zu denken und die besonderen Bedarfe von sozial benachteiligten Eltern wie zum Beispiel Alleinerziehenden zu berücksichtigen. Damit kann das präventive Potenzial der vor- und nachgeburtlichen Betreuung sehr viel stärker genutzt werden. Bei der Wiederaufnahme des Prozesses sollte eine breite Beteiligung der Berufsverbände berücksichtigt werden.

Bereits im vergangenen Jahr haben sich Mitglieder des Beirats bei der Entwicklung eines Eckpunktepapiers für eine bessere Versorgung Rund um Schwangerschaft und Geburt - vor allem für die Zielgruppen der Frühen Hilfen – eingebracht.

"Kurzfristig sorgen wir für eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die … Geburtshilfe" (S. 86)

Der Beirat begrüßt, dass eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission Empfehlungen vorlegen soll für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung für die Kinder- und Jugendmedizin, Notfallversorgung und Geburtshilfe, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Universitätskliniken) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt.

Geburtskliniken sind ein prädestinierter Ort für die Vermittlung Früher Hilfen. 98 % aller Kinder werden dort geboren. Dabei übernehmen Lotsensysteme die Rolle eines Bindegliedes zwischen der Klinik, ambulanten Versorgungsangeboten und den Angeboten der Frühen Hilfen. Um den niederschwelligen Zugang ins System der Frühen Hilfen zu verbessern, sollten Lotsensysteme an Geburtskliniken und Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin rechtlich verankert und regelhaft finanziert werden.

Eine von der GMK 2021 eingesetzte AG hat den Auftrag zu prüfen, ob Leistungen dieser Lotsensysteme mittel- und langfristig als Aufgabe der Krankenhäuser gesetzlich abgesichert werden können. Der Beirat empfiehlt, dass die Ergebnisse der AG bei der Ausformulierung der Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung Berücksichtigung finden. Hier bieten sich auch die im Koalitionsvertrag erwähnten sogenannten Hybrid-DRGs (S. 84), die im Kontext zur Förderung der Ambulantisierung bisher unnötig stationär erbrachter Leistungen benannt werden, als Finanzierungsmöglichkeit der Lotsendienste an.

"Im Anschluss an das Corona-Aufholpaket werden wir die Situation für Kinder und Jugendliche mit einem Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit schnell und wirksam verbessern." (S. 98)

Der Beirat begrüßt, dass die neue Regierung mit einem weiteren Förderprogramm die sozialen Folgen für Kinder aufgrund der Pandemie abmildern will. Obwohl Kinder nicht in erster Linie aus medizinischen Gründen von der Pandemie betroffen waren, weisen bereits erste Studien daraufhin, dass die psychosozialen Folgen für einen nicht geringen Teil der Kinder weit über die Pandemie-Phase hinausgehen und die gesunde Entwicklung der Kinder nachhaltig beeinträchtigen können. Auch hier hat die COVID-19-Krisensituation wie durch ein Brennglas die ungleiche Verteilung familiärer Ressourcen sichtbar gemacht: Während es vielen Familien in der ersten Phase der Pandemie gut gelungen ist, ihren Alltag den Krisenbedingungen flexibel anzupassen, kamen Familien, die schon unter normalen Bedingungen viel Kraft aufbringen müssen, um ihr Familienleben zu gestalten, an die Belastungsgrenzen. Gleichzeitig konnten Unterstützungsnetzwerke Familien mit Hilfebedarf, insbesondere solche mit Familienangehörigen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen nicht mehr wie gewohnt auffangen. Diese Gruppe ist besonders zu berücksichtigen. Daher ist es wichtig, die Zielgruppen der Frühen Hilfen auch weiterhin mit dem Zukunftspaket zu unterstützen. Durch das Corona-Aufholpaket konnten bereits wichtige Maßnahmen in den Kommunen für die Familien und ihre Kinder in den Frühen Hilfen angestoßen werden, die es dringend durch eine bedarfsgerechte und dauerhafte Aufstockung des Fonds Frühe Hilfen abzusichern und fortzuführen gilt.

Ergänzung aus aktuellem Anlass aufgrund des Krieges in der Ukraine

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die Welt und Deutschland erschüttert. Die Folgen von Krieg und Zerstörung sind vielfältig und treffen insbesondere Kinder. Es sind nicht nur die direkten Fluchterfahrungen, die auf Kinder wirken, sondern auch die indirekten durch das Leid ihrer Bezugspersonen und der Verlust der kindlichen Infrastruktur im Herkunftsland. Aktuell suchen vor allem Mütter und ihre Kinder Schutz und Sicherheit in den Nachbarländern und ebenso in Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl derer, die nach Deutschland kommen, weiter ansteigt und viele auch über einen längeren Zeitraum bleiben werden. Der Beirat begrüßt daher das Vorhaben der Bundesregierung, alle Geflüchteten aus der Ukraine aufzunehmen, und dass sie einen von den EU-Staaten vereinbarten Schutzstatus erhalten.

Die Belastungen durch den Krieg und die Flucht sind vielfältig. Sie sind verbunden mit großen Sorgen um die Väter und Familienangehörigen, die weiterhin im Herkunftsland in Gefahr sind, bis hin zu traumatisierenden Erlebnissen. Dies kann dazu führen, dass die betroffenen Mütter in ihren Möglichkeiten zur Fürsorge eingeschränkt sind und die emotionale, kognitive und soziale Entwicklung eines Kindes beeinträchtigt wird.

Um dies zu vermeiden, ist es notwendig, geflüchtete Mütter auch durch niedrigschwellige Angebote der Frühen Hilfen zu entlasten, für die Kinder Wege in die Kindertagesbetreuung aufzuzeigen und bei ggf. schwerwiegenderen Belastungen so zeitnah wie möglich weitergehende Hilfen zu installieren. Insgesamt gilt, je früher passgenaue Unterstützung erfolgt, desto besser können negative Folgen für die Kinder gemildert oder sogar vermieden werden. Deshalb brauchen die geflüchteten Eltern und ihre Kinder einen uneingeschränkten Zugang zu allen in Deutschland verfügbaren gesundheitlichen und psychosozialen Unterstützungsangeboten, die wiederum durch Dolmetscherdienste unterstützt werden.

Für den Beirat der Bundesstiftung Frühe Hilfen und des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen

Lübeck und Münster, 9. März 2022

Prof. Dr. med. Ute Thyen
Vorsitzende des Beirats

Prof. Dr. Karin Böllert
Stellv. Vorsitzende des Beirats

Veröffentlicht: 24. März 2022