direkt zum Hauptinhalt springen

Versiert, vertraut und gut vernetzt

Hebammen genießen das Vertrauen werdender Eltern. Sie haben einen besonders niedrigschwelligen Zugang zu Familien und können mögliche familiäre Belastungen sehr früh wahrnehmen.

Dabei sind die Anforderungen komplexer geworden: Das neue Hebammengesetz unterstreicht den Blick auf die konkreten Lebenssituationen von Familien, die heute vielgestaltig sind. Studien belegen, dass sich in dem Zusammenhang das traditionelle Tätigkeitsspektrum der Hebammen hin zu einer stärker psychosozialen Ausrichtung erweitert hat.

Hebammen begleiten die Frauen während der Schwangerschaft, unter und nach der Geburt und stärken ihre Selbstwirksamkeit, diese Phase gut zu meistern. Sie nehmen aber auch Schwierigkeiten bei der Entwicklung der Mutter-Kind-Bindung wahr, erkennen psychische Probleme der Frauen und weitere Unterstützungsbedarfe. Das macht sie zu wichtigen Akteuren der Frühen Hilfen.

Hebammen sind vor allem mit den Institutionen des Gesundheitswesens, mit Schwangerschafts- und Familienberatungsstellen vernetzt, weniger stark etwa mit den Jugendämtern. Kooperations- und Vernetzungsarbeit freiberuflicher Hebammen sind zeitaufwändig und werden nicht vergütet – sicher ein Grund dafür, dass eine flächendeckende und systematische Einbindung in die Netzwerke Frühe Hilfen bisher nicht gelungen ist.

Belastete Frauen sind schlechter versorgt

In manchen Regionen mangelt es an Hebammen. Dies trifft besonders Frauen, für die es aufgrund von psychosozialen Belastungen schwierig ist, eigeninitiativ Angebote zu suchen. Vor allem Frauen mit niedriger Bildung und Frauen mit Migrationshintergrund fällt die Suche schwer. Eltern mit hohem Bildungsgrad nehmen zu 92,1 Prozent Hebammenhilfe in Anspruch, dagegen nur 70,0 Prozent der Eltern mit niedriger Bildung (KiD 0-3 Hauptstudie 2015).

Studien aus Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie die NZFH-Studie KiD 0-3 (2015) haben gezeigt, dass Nicht-Muttersprachlerinnen beziehungsweise Mütter mit Migrationshintergrund signifikant seltener die Hilfe einer Hebamme im Wochenbett erhalten. Auch Armutsrisiko geht mit der Inanspruchnahme von Hebammenhilfe einher: Nur drei Viertel der Familien in Armutslagen nutzen Hebammenhilfe im Wochenbett gegenüber 90 Prozent der Familien ohne SGB-II-Bezug (KiD 0-3 Hauptstudie 2015).

Mit Blick auf die Versorgung dieser Gruppen kommt der Kooperation zwischen freiberuflichen Hebammen und den Akteuren in Netzwerken Frühe Hilfen eine große Bedeutung zu. Für die aufgrund der hohen Nachfrage oft überlasteten Hebammen kann die Einbindung in ein gut funktionierendes Team im Netzwerk Frühe Hilfen eine wertvolle Unterstützung sein.

Sie können im Netzwerk ihre Kompetenzen für die Begleitung mehrfach belasteter Familien erweitern. Die Vermittlungsmöglichkeit, etwa an Familienhebammen oder FGKiKP, ist eine wichtige Ressource, für freiberufliche Hebammen wie für die Familien.

Hebammen können besonders gut zwischen den Systemen vermitteln und tatsächlich engagieren sie sich mittlerweile zunehmend in den Frühen Hilfen: Waren es laut der Kommunalbefragungen des NZFH 2013 nur 64,4 Prozent und 2017 70,0 Prozent, hat sich der Anteil niedergelassener Hebammen in den Netzwerken von 2013 bis 2020 um 20,8 Prozentpunkte erhöht.

Publikationen