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Podiumsdiskussion

  • Engagierte Podiumsdiskussion zu Entwicklungspotenzialen und konkreten Maßnahmen ...

    (Foto: NZFH/A. Wagenzik)

  • ... mit Dr. med. Wolf Lütje, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG), …

    (Foto: NZFH/A. Wagenzik)

  • … Prof. Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfen – AGJ und stellvertretende Vorsitzende des NZFH-Beirats …

    (Foto: NZFH/A. Wagenzik)

  • … sowie Dr. med. Christian Fricke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGPFG) und Dr. med. Karl-Josef Eßer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) und stellvertretender Vorsitzender der BAG Gesundheit & Frühe Hilfen.

    (Foto: NZFH/A. Wagenzik)

  • Interessiert verfolgte das Forum die Diskutanten auf dem Podium.

    (Foto: NZFH/A. Wagenzik)

Zu Entwicklungspotenzialen und konkreten Maßnahmen diskutierten auf dem Podium: 

  • Prof. Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ  
  • Dr. med. Karl-Josef Eßer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und stellvertretender Vorsitzender der BAG Gesundheit & Frühe Hilfen 
  • Dr. med. Christian Fricke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) 
  • Dr. med. Wolf Lütje, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) 

Die von der Journalistin Christiane Poertgen moderierte Diskussion folgte unter anderem der Frage, welchen Stellenwert psychosoziale Faktoren in der ärztlichen Praxis einnehmen. Dr. Karl-Josef Eßer stellte aus Perspektive der Kinder- und Jugendmedizin fest, dass Ärztinnen und Ärzte die Familien sowie die psychischen Dimensionen mittlerweile im Blick hätten. Mit Kinder- und Jugendpsychiatern bestehe inzwischen eine enge Zusammenarbeit. Aufgabe des Arztes sei nicht nur zu heilen: „Arzt sein heißt auch, sozial mitdenken und sich sozial mitverantwortlich fühlen in unserer Gesellschaft.“ Auch Dr. Christian Fricke konstatierte eine zunehmende Öffnung seiner Fachkolleginnen und -kollegen für psychosoziale Aspekte. 

In der Geburtshilfe, so die Einschätzung von Dr. Wolf Lütje, werde der psychosoziale Bereich bislang vernachlässigt. Er verwies darauf, dass Frühe Hilfen auch in gynäkologischer Weiterbildung nur eine untergeordnete Rolle spielten. Hier sei noch viel zu tun. Der Gynäkologe schlug vor, den Mutterpass um einen Screening-Bogen zu erweitern, der sich auf psychosoziale Faktoren bezieht. Er sprach sich außerdem dafür aus, Hebammen und anderes medizinisches Fachpersonal stärker in Screening-Prozesse einzubinden. 

Ob Ärztinnen und Ärzte mit der örtlichen Kinder- und Jugendhilfe kooperieren, hängt nach Einschätzung von Prof. Dr. Karin Böllert häufig vom Zufall der jeweils vor Ort aktiven Personen sowie von persönlichen Kontakten ab. Sie forderte deshalb mehr Systematisierung und Verbindlichkeit. Dafür seien vor allem die Netzwerkkoordinierenden der Frühen Hilfen zuständig. „Wir dürfen Kooperation nicht einfach dem Zufall überlassen.“ 

Kontrovers diskutierten die Teilnehmenden zur Bedeutung eines gesetzlichen Rahmens für die Weiterentwicklung der Frühen Hilfen. Dr. Karl-Josef Eßer plädierte für eine zügige Veränderung des Präventionsgesetzes. 

Prof. Dr. Karin Böllert verwies darauf, dass die Entwicklung des Präventionsgesetzes viele Jahre in Anspruch genommen habe. Aus Sicht der Kinder- und Jugendhilfe habe sich das Warten auf einen formalen Rahmen nicht gelohnt.

Podiumsdiskussion – Fragen aus dem Publikum

Die Publikumsbeiträge im Anschluss an die Podiumsdiskussion bezogen sich unter anderem auf diese Aspekte: 

Schulung von Medizinischen Fachangestellten in geburtshilflichen Praxen 

Um „eine Lanze für Gynäkologen zu brechen“ berichtete eine Tagungsteilnehmerin von einem Praxisbeispiel aus dem Saarland. Dort bestehe im Netzwerk der Frühen Hilfen eine gute Zusammenarbeit mit Gynäkologen, deren Berufsverbände inzwischen auch in den landesweiten Gremien der Frühen Hilfen mitarbeiten. Geburtshelfern fehle in der Sprechstunde oftmals die Zeit, um psychosoziale Faktoren hinreichend zu berücksichtigen. Deshalb wurden im Saarland medizinische Fachangestellte in den Praxen geschult, um im Patientenkontakt entsprechende Aspekte abfragen und diese im Bedarfsfall an den Gynäkologen weitergeben zu können. Dies beschleunige die Prozesse in den Praxen.

Stärkere Nutzung vorhandener Strukturen 

Ein teilnehmender Pädiater rief dazu auf, vorhandene Strukturen stärker zu nutzen. So ließen sich Familienhebammen in frauenärztliche Praxen einbeziehen, beispielsweise in dem sie schwangere Frauen nach der Sprechstunde abholen. In ähnlicher Weise ließen sich in kinderärztliche Praxen Familienkinderkrankenschwestern einbinden. Mancherorts würden vorhandene Ressourcen zu wenig in Anspruch genommen. Eine andere Tagungsteilnehmerin betonte, dass Familienkinderkrankenschwestern generell noch stärker in die Frühen Hilfen einbezogen werden könnten. 

Fokus auf Prävention 

Selbstkritisch äußerte sich die Mitarbeiterin der Präventionsstelle eines Jugendamtes: Die Jugendhilfe könne selber noch mehr beitragen, um präventiver zu werden. „Wenn 1,6 Prozent der Ausgaben für die Jugendhilfe in den Gesamtbereich der Förderung von Erziehung in den Familien fließen, dann ist das herzlich wenig.“ Es werde oft vergessen, dass es nicht nur um die Erziehung der Kinder gehe, sondern auch um deren Pflege.  

Frühzeitig Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit wecken 

„Wie können wir die Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit schon früh wecken?“ Mit dieser Frage regte eine Teilnehmerin dazu an, Studierende bereits frühzeitig anzusprechen: „Nachwachsende Ärzte haben großes Interesse an interdisziplinärer Zusammenarbeit.“ Eine konsequente Finanzierung entsprechender Maßnahmen sei jedoch bislang häufig schwierig.