direkt zum Hauptinhalt springen

Familienpatenschaften – Wie? Womit? Wozu?

Impulsvortrag

Dr. Petra Kleinz, Sozialdienst Katholischer Frauen Gesamtverein e.V., und Georg Kaesehagen-Schwehn, Deutscher Caritasverband e.V.

Welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Familienpatenschaften gelingen, erläuterten Dr. Petra Kleinz vom Sozialdienst Katholischer Frauen Gesamtverein e.V. und Georg Kaesehagen-Schwehn, Deutscher Caritasverband e.V. Die beiden übernahmen spontan den Programmpunkt von Prof. Dr. Sarah Häseler-Bestmann (Medical School Berlin), die kurzfristig erkrankt war. Sie orientierten sich dabei an den ursprünglich vorgesehenen Vortragsinhalten und bezogen sich ergänzend auf Erfahrungen aus ihrer eigenen Praxis in den Frühen Hilfen.

Georg Kaesehagen-Schwehn machte deutlich, wie sehr ein gutes Matching zwischen der Patin bzw. dem Paten und der Familie zum Gelingen einer Patenschaft beitrage: „Es ist hilfreich, wenn Interessen ähnlich sind und die Chemie stimmt. Deshalb lohnt es sich, für die Auswahl der Paten und für das Matching genügend Zeit zu investieren.“ Die Beziehungsqualität zwischen den Freiwilligen und der Familie sowie die Dauer einer Patenschaft würden den Erfolg ebenso beeinflussen wie die strukturelle Unterstützung durch Hauptamtliche. Eine verlässliche und professionelle Begleitung durch die Ehrenamtskoordination, so Georg Kaesehagen-Schwehn, sei das wichtigste Qualitätsmerkmal ehrenamtlicher Tätigkeit. Hier stelle sich auch die Frage, wie viele Ressourcen dafür notwendig seien. Die Anzahl der Familienpatenschaften, die eine Ehrenamtskoordination mit einer halben Stelle angemessen begleiten kann, sei auch davon abhängig, wie belastet die Familien jeweils seien und welche Bedarfe die Familie sowie auch die freiwillig Engagierten mitbringen.

Welche Qualitätskriterien für ein gutes Freiwilligenmanagement erfüllt sein sollten, erläuterte Dr. Petra Kleinz. An erster Stelle seien die Ziele eines Projektes mit Ehrenamtlichen eindeutig zu klären. „Warum möchten wir überhaupt Familienpatenschaften anbieten? Und was ist unsere Werthaltung dabei? Diese Fragen werden in der Praxis oft vernachlässigt“, so die Pädagogin. Für die Umsetzung brauche es dann nicht nur genügend Beschäftigte, sondern auch hinreichend kompetente. Auch müsse klar geregelt sein, wofür die Ehrenamtskoordinatorinnen und -koordinatoren verantwortlich seien. Zudem sei ein professionelles Projektmanagement erforderlich. Neben einer fundierten Bedarfsanalyse und solider Finanzplanung gehöre dazu auch ein kontinuierliches Monitoring des Projekts sowie begleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Abschließend fassten Dr. Petra Kleinz und Georg Kaesehagen-Schwehn zusammen, welche Bedeutung die Freiwilligenarbeit habe, um Familien institutionelle Zugänge zu schaffen. So könnten Freiwillige nicht nur Kontakte zum sozialen Umfeld initiieren und Familien untereinander vernetzen. Bei Bedarf seien sie auch in der Lage, Familien gezielt in weiterführende Hilfen zu vermitteln.

Fishbowl-Diskussion

Welche Voraussetzungen Ehrenamtliche Familienpaten mitbringen sollten und inwieweit sie eine Schulung benötigen, waren zentrale Diskussionspunkte nach dem Praxisimpuls von Dr. Petra Kleinz, Sozialdienst Katholischer Frauen Gesamtverein e.V.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass eine Basisqualifikation wichtig sei. Schulungsinhalte sollten sich an den Bedarfen und Interessen der Freiwilligen orientieren. Es wurde außerdem deutlich, dass es keine einheitliche Qualifizierung zur Familienpatin bzw. zum Familienpaten gebe. In manchen Bundesländern sei sie Grundvoraussetzung, in einigen gebe es Curricula, in anderen wiederum nicht. Manche böten auch Fortbildungen im laufenden Prozess an und fragten mithilfe von Interviews Bedarfe ab.

Einig waren sich die Diskutierenden darin, dass sich die Inhalte der Qualifizierung an Bedarfen der Freiwilligen und Familien orientieren und zugleich kostenfrei seine solle. Zudem solle die Qualifizierung weniger theoretische, sondern vielmehr allgemeine Aspekte behandeln, wie z.B. Haltung, Werte, Bewusstseinsbildung oder auch Fragen behandeln wie: „Was ist Ehrenamt?“ und „Warum brauchen Familien Hilfe?“ Insgesamt, so die Diskussion, führe Qualifizierung zu mehr Sicherheit der Freiwilligen, eröffne die Möglichkeit, Fragen zu stellen, fördere die Selbstreflexion vor Beginn der Arbeit und ermögliche Kontakt zur Koordination zu knüpfen.

Ein weiterer Diskussionspunkt waren Anforderungen an Freiwillige für die Auswahl (wie z.B. Motive für das Engagement, die als Ausschlusskriterium gelten) und welche Eigenschaften bzw. Kompetenzen sie in der Arbeit mit Familien mitbringen sollten. Als wichtige Ressource von Ehrenamtlichen nannten die Diskutierenden unter anderem deren Unbefangenheit. Auch eigene Lebenserfahrung spiele im Kontakt mit den Familien eine bedeutende Rolle. Zudem sollten die Freiwilligen keine Belastungen mitbringen, die sich in der Patenschaft negativ auswirken. Darüber hinaus sei eine niedrigschwellige Arbeitsweise besonders wichtig.

Weitere Diskussionsstränge bezogen sich darauf, welche Anforderungen Koordinierende erfüllen sollten, welche Rahmenbedingungen für die Koordination erforderlich seien und wie Ehrenamtliche gewonnen werden könnten. Zur Gewinnung Freiwilliger könne man beispielsweise Freiwilligenzentren ansprechen, Anzeigen aufgeben und die Kommune als Zugangsweg nutzen. Die Beteiligten waren sich außerdem einig, dass persönliche Bindung und Ansprache sowie eine intensive Begleitung der Freiwilligen von besonderer Bedeutung seien. Die Koordinierenden müssten Überforderung vermeiden, Wertschätzung zeigen und auf Augenhöhe mit den Ehrenamtlichen kommunizieren. Bei Konflikten zwischen der Familie und der Patin/dem Paten gelte es einzugreifen, zu unterstützen und ggf. die Patin/den Paten in anderen Bereichen einsetzen.

Auch Zugangswege zu Familien wurden diskutiert. Von den Netzwerkkoordinierenden geschlossene Kooperationen (z.B. mit der Gynäkologie) spielten hier eine wesentliche Rolle. Ein weiterer Diskussionspunkt war die gesicherte Finanzierung der Koordinierenden. Ehrenamtskoordination benötige ein klares Stellenprofil, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie viel Aufwand für eine gelingende Koordination benötigt.

Abschließend kamen verschiedenen Fragen zur möglichen Dauer von Patenschaften bezüglich der Begleitung von Familien mit Kindern in der Alterspanne von 0 bis 3 Jahren versus 0 bis 6 Jahren auf. Gebe es eine Veränderung durch die Bundesstiftung? Müssten Patenschaften beendet werden? Die Rückmeldungen fielen sehr unterschiedlich aus. So wurde berichtet, dass in einigen Ländern Patenschaften zum Teil beendet würden. In anderen könne man kommunale Mittel für Kinder bis 6 Jahren einsetzen, sodass die Patenschaften nicht beendet werden müssten. Bei wieder anderen seien diese auf 1 Jahr begrenzt. 

Generell sei der Einsatz in den Frühen Hilfen befristet. Das heißt, die Koordination klärt im Vorfeld mit der Familie und den Patinnen und Paten den Auftrag ab. Hier solle regelmäßig überprüft werden, ob eine Betreuung noch relevant ist oder nicht.

Lessons learned

Eine gelungene Familienpatenschaft sei eine Win-win-Situation, da sie für alle Beteiligten eine Bereicherung darstelle. Auch wenn die Freiwilligenarbeit das Gegenteil eines Sparmodells sei, erzeuge sie großen Nutzen für die Gesellschaft. Der Mehrwert für die Patinnen und Paten müsse deutlich sein und spiele bei der Suche sowie Ansprache eine entscheidende Rolle.

Zu den Erfolgsfaktoren gehörten ferner eine gute professionelle Begleitung und eine kleine Einführung, welche Organisation dahinter stehe. Zudem sei wichtig, dass die Passung/"Chemie" stimme.