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Lotsendienste in Geburtskliniken sind sinnvoll

Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft und Geschäftsführer des Landeskrankenhauses in Rheinland-Pfalz, plädiert in einem Interview für eine Finanzierung der Lotsendienste an Geburtskliniken über das Präventionsgesetz. Das Gespräch wurde für die im Mai 2019 veröffentlichte Ausgabe des FRÜHE HLFEN aktuell geführt.

Geburtskliniken nehmen verstärkt psychosozial belastete Familien wahr. Wie beeinflusst dies die Arbeit in der Klinik?

Dr. Gerald Gaß: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken ist dies eine besondere Herausforderung. Sie stehen vor der schwierigen Aufgabe zu prüfen, welche Unterstützung man den Patientinnen anbieten kann. Niedrigschwellige Angebote sind in dieser Situation eine wichtige Hilfe.

In vielen Geburtskliniken gibt es Lotsendienste. Was halten Sie von diesem Angebot der Frühen Hilfen?

G: Diese Frühen Hilfen sind eben genau so ein niedrigschwelliges Angebot und aus unserer Sicht ein ganz zielführendes und wichtiges Mittel, um Hilfe zu leisten. Denn es ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Wir haben hier einen Dreiklang: Die Kinder haben größere und bessere Gesundheitschancen, die Eltern nehmen verstärkt Hilfe und Entlastung wahr und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen, dass den Familien geholfen wird.

Ist es sinnvoll, Lotsendienste in Geburtskliniken fest zu verankern, und wie kann dies gelingen?

G: Ich glaube es ist sinnvoll, diese Lotsendienste auszubauen. Wie die Situation vor Ort ist, muss natürlich jede Geburtsklinik, muss jede Kommune selbst entscheiden. Dass die Kliniken sich der Aufgabe bewusst sind, belegen schon seit Jahren diverse Maßnahmen. Wir haben seit 2007 viele Projekte, die in diese Richtung gehen. Wichtig wäre, dass wir einen Rahmen schaffen, in dem es jeder Geburtsklinik und jeder Kommune leicht gemacht wird, solche Lotsendienste einzuführen.

Wie werden Lotsendienste finanziert?

G: Wir haben keine einheitliche Finanzierungsgrundlage. Wir haben Regelungen per Landeskrankenhausgesetz in verschiedenen Ländern, in denen Mittel aus der Bundesstiftung Frühe Hilfen, Landesmittel oder kommunale Mittel, eingeworbenen Drittmittel und Eigenmittel des Anstellungsträgers Finanzierungsbestandteile sein können.

Im Landeskrankenhausgesetz Rheinland-Pfalz (LKG) ist die Beteiligung der Geburtskliniken an lokalen Netzwerken Frühe Hilfen verankert. Hat sich die gesetzliche Regelung bewährt?

G: Die Regelungen in Rheinland-Pfalz haben sich sicherlich bewährt. Man hat hier verstanden, dass ein solches Hilfsangebot nur optimal funktionieren kann, wenn man die verschiedenen Bereiche kooperativ verzahnt. Die gegenseitige Kooperationsverpflichtung, wie auch in Hamburg, hat sich bewährt. Nur mit vernetztem Denken und Handeln, mit dem Austausch von Informationen und verbindlichen Verknüpfungen der Bereiche kann das Hilfsangebot auch wirklich greifen. Ich glaube schon, dass die vorhandenen Regelungen wie in Rheinland-Pfalz, Hamburg und auch in Berlin als Blaupause genutzt werden könnten, um diese Lotsendienste weiter zu entwickeln.

Wie kann die Zusammenarbeit der Geburtskliniken mit den lokalen Netzwerken Frühe Hilfen bundesweit verbessert werden?

G: Ich glaube an den Kooperationsansatz, der tatsächlich die Weiterentwicklung in gemeinsamer Verantwortung voranbringt. Aber um die Zusammenarbeit zu verbessern, muss die Finanzierung geregelt sein. Eine Finanzierung über das Präventionsgesetz wäre absolut sinnvoll, soll dieses doch gerade die Zusammenarbeit von Sozialversicherungsträger, Ländern und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung für alle Altersgruppen und in vielen Lebensbereichen verbessern. Prävention und Gesundheitsförderung sollen dort greifen, wo Menschen leben, lernen und arbeiten: und das ist nun einmal auch die Geburtsklinik.

Das ZuFa-Monitoring kommt zum Ergebnis, dass die Überzeugung der Führungskräfte für den Erfolg der Lotsendienste entscheidend ist. Teilen Sie diese Einschätzung?

G: Selbstverständlich müssen Entscheider überzeugt sein. Für mich als Geschäftsführer ist der genannte Dreiklang der Verbesserungen für Kinder, Eltern und Mitarbeiterinnen eine wesentliche Entscheidungsgrundlage.

Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung der Lotsendienste ein?

G: Ich bin optimistisch und glaube, dass wir wirkungsvolle Modelle haben, die in die flächendeckende Versorgung gehen können. Wenn wir alle bereit sind, die Kooperation wirklich zu leben und wenn wir den Rahmen über das Präventionsgesetz und die jeweiligen Landesgesetzgebungen klug aufbauen, können wir Wesentliches dazu beitragen, die Gesundheitschancen Neugeborener zu verbessern.

Infodienst FRÜHE HILFEN aktuell

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